Das Judentum ruht auf den drei Säulen: Gebet, Fasten und Almosengeben. Im Alten Testament wird beschrieben, wie Moses und auch die Propheten Jona und Elia vor wichtigen Aufgaben fasteten. Auch Jesus zog sich zum Fasten in die Wüste zurück und lehrte, dass die Heilung bestimmter Krankheiten nur durch Gebet und Fasten zu erreichen sei.

Der Kirchenvater Basilius lehrt im 4. Jahrhundert: „Wie durch ein enges Tor kommt man durch Beten und Fasten in einen weiten Raum.“

2000 Jahre Tradition

Das Christentum hat in seinen Traditionen von über 2000 Jahren verschiedene Formen des Gebets und der Meditation entwickelt. Zum Beispiel der Benediktinerorden gilt als ältester Orden des westlichen Ordenlebens. Bezeichnend in seinen Regeln ist der Grundsatz ‚ora et labora’ – bete und arbeite. Dabei zeigt die Regel uns auch die Reihenfolge: zuerst ‚ora’ (bete) und dann erst ‚labora’ (arbeite). Menschen, die regelmässig Meditation, Gebet oder eine andere Form des Bei-sich-Seins üben, erfahren deren wohltuende Wirkung. Das Gebet erhält eine große Tiefe. Das ‚ora’ (bete) wird zur Quelle von Spiritualität und Kreativität.

Der Mystiker, Meister Eckehart sagt: „Ich will sitzen und ich will schweigen und ich will hören, was Gott in mir rede.“

Herzensgebet

Eine Gebetsform, die uns in die Stille führt, finden wir in der orthodoxen Tradition: das Herzensgebet.

Diese Spiritualität des Herzens ermöglicht es – so  sagen die Mystiker der Ostkirche – auch mitten im Lärm der Welt oder mitten in der Einsamkeit des Eremiten jenes Licht zu schauen, das die Jünger Jesu bei der Verklärung Christi schauen durften.
Für die Mönche – und nicht nur für sie – ist klar: Das Fundament aller Gottsuche ist das Gebet. Es ist der Atem der Seele. Wo nicht gebetet wird, da ersticken die Seele und der Mensch. Anfänge des Herzensgebetes – auch hesychastisches Gebet genannt – reichen bis in die Mitte
des 1. Jahrtausends zurück.

Die Entwicklung des Jesusgebetes vollzog sich im Wesentlichen in drei großen Phasen:
Die Anfänge liegen in Ägypten und am Sinai, in der Zeit des frühen Mönchtums.
Kurze Stoßgebete wurden immer und immer wieder wiederholt. Allmählich gewann der Name „Jesus“ eine beherrschende Stellung. In den Schriften des 6. Jahrhunderts findet sich dann erstmals die heute geläufige Form „Herr Jesus Christus, erbarme Dich meiner“.
Ab dem 12. Jahrhundert beginnt dann am Athos die zweite große Epoche des Jesusgebetes. Jetzt kommt die Atemkontrolle hinzu – und das bewusste Sitzen in der Stille. Der sogenannte „Hesychasmus“ ist geboren – er umschreibt innere Wachsamkeit, weltliche Sorglosigkeit, Abgeschiedenheit und liebende Vereinigung mit Gott.
Die dritte Epoche erlebt das Herzensgebet dann im Russland des 16. Jahrhunderts.

Dort wird es ein Massenphänomen. Zahllose Pilger berichten von einer Fülle beglückender geistlicher – und wenn man so will mystischer – Erfahrungen. In den„Aufrichtigen Erzählungen eines russischen Pilgers“ aus der Feder eines anonymen russischen Bauern, das Millionen Menschen weit über die Welt der Orthodoxie hinaus bewegt hat, wird die Wirkung des „Jesusgebetes“ genau beschrieben.haende

Ökumenisches Gebet

Das Herzensgebet ist eine ökumentische Form der Meditation. Nicht nur in der orthodoxen, sondern auch in der katholischen und evangelischen Tradition finden wir dieses Gebet (z.B. bei Niklaus von der Flüe oder Gerhard Tersteegen)

Das schweigende Gebet – die Kontemplation – erhält während dem Fasten eine besonders grosse Tiefe.

Hildegard von Bingen schreibt:
„Im Geiste und am Leibe gereinigt, wird er ausgereift sein, und alle Verschlossenheit der tiefsten Geheimnisse wird offenstehen. Und Gott wird ihm die Freude in Fülle schenken.“